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Friday, August 30, 2024

FILMREZENSION "THE WICKER MAN"

An dieser Stelle soll es um einen Film gehen, der als Klassiker der Filmgeschichte gilt, nämlich „The Wicker Man“ aus dem Jahre 1973. Oftmals in die Gattung des Horrorfilms einsortiert, trifft es dies doch nicht ganz. „The Wicker Man“ ist vielschichtiger, Elemente von Gewalt, Blut und Tod gibt es kaum -auch wenn diese natürlich kein zwingendes Merkmal für die Definition eines Horrorfilms darstellen. Gerade zu Beginn kann die Handlung vielmehr dem Schema des Krimis zugeordnet werden, bevor es immer verworrener wird, was auch den absoluten Reiz des Filmes ausmacht, in dem u. a. auch Christopher Lee mitwirkte und der vom British Film Institute auf Platz 96 in die Liste der besten britischen Filme aller Zeiten aufgenommen wurde. 1973 erschien übrigens auch ein weiterer britisch-(italienischer) Kultfilm namens „Wenn die Gondeln Trauer tragen“, aber das nur am Rande…

Nicolas Cage (übrigens derzeit mit dem sehr gelobten Film „Longlegs“ in den Kinos, der zumindest auch eine gewisse inhaltliche Schnittmenge zu dem hier besprochenen Film aufweist) war übrigens so sehr von diesem Film beeindruckt, dass er 2006 eine Neuverfilmung produzierte, die jedoch von den Kritikern verrissen wurde und auch kommerziell gesehen floppte.

Ohne hier die den gesamten Handlungsstrang zu verraten oder zu „spoilern“, wie das so schön neudeutsch heißt, beginnt der Film damit, dass der Polizeibeamte Neil Howie (Edward Woodward) sich per Flugzeug auf die abgelegene, kleine schottische Insel Summerisle begibt. Zuvor erhielt er einen anonymen Brief, der das spurlose Verschwinden der zwölfjährigen Rowan Morrison auf eben dieser Insel beklagte.

Dort begegnet man ihm abweisend, niemand scheint das Mädchen zu kennen oder zu vermissen. Selbst die vermeintliche Mutter scheint das Mädchen nicht zu kennen, stattdessen erzählt die andere Tochter dieser Frau, Rowan sei ein Hase.

Nach und nach bekommt der Polizist, der im örtlichen Pub wohnt, immer mehr von der Insel und ihren seltsamen Bewohnern mit. Diese zelebrieren einen seltsamen, heidnisch-esoterischen Fruchtbarkeitskult, in dem Phallussymbole verehrt und Riten zelebriert werden, in denen junge, nackte Frauen über Feuer springen. Zum einen wird der Geschlechtsakt an sich in dieser Gesellschaft, oft unter Begleitung höchst eindeutig zweideutiger schottischer Volkslieder gefeiert, zum anderen erläutert der Besitzer und Herrscher über die Insel, Lord Summerisle (gespielt von Christopher Lee, der diese Rolle als eine der besten schauspielerischen Leistungen seiner Karriere bezeichnete) dem geschockten Polizisten, dass die jungen Mädchen an Parthenogenese (Selbstbefruchtung) glauben, denn es sei doch schöner anzunehmen, ein Kind von den alten Göttern zu erhalten, als von einem „hässlichen, vernarbten Handwerker“.

Polizist Howie gerät immer mehr in einen kafkaesk anmutenden Albtraum, er irrt auf der Insel herum, fragt nach, aber niemand gibt ihm wirklich Auskunft, er erhält lediglich Hinweise, die aber stets neue Fragen aufwerfen. Zudem gerät er als überzeugter Christ, genauer gesagt als strenger Presbyterianer, der nach eigener Aussage mit dem Sex bis zur Eheschließung mit seiner Verlobten warten möchte, in einen Konflikt mit der freizügigen Sexualmoral der Bewohner, die für Gott nichts übrighaben, wie Lord Summerisle formuliert: „Gott hat uns schon lange verlassen“. Auch einen Pfarrer kann Howie nicht auf der Insel finden, was er zu Beginn kaum glauben kann.

Bis zu seinem furiosen überraschenden Ende, das jedoch zumindest im letzten Viertel des Filmes zu erahnen ist, bleibt der Film spannend. Sehr ansprechend auch einige Landschaftsaufnahmen, sowie die eigentümlich - obskure Stimmung, die dem Werk innewohnt, was gleichzeitig die größte Stärke ist. Ich fühlte mich teils an Roman Polanskis Klassiker „Rosemaries Baby“ von 1968 erinnert, als auch an den US-amerikanisch-schwedischen Horror-Erfolg „Midsommar“ von 2019. Auch in diesen beiden Filmen dringen die Protagonisten immer weiter in einer Gruppe oder Kleinst-Gesellschaft vor und wissen oft nicht, wie sie bestimmte Zeichen deuten sollen, was ernst zu nehmen ist oder was sie sich einbilden, auch in diesen Fällen geht es um Sekten(ähnliche) Gemeinschaften oder Zusammenschlüsse.

Iron Maiden waren von „The Wicker Man“ so begeistert, dass Sie ein gleichnamiges Stück komponierten, das auf dem 2000-er Album „Brave New World“ zu finden ist. Zuvor hatte deren Frontmann Bruce Dickinson bereits einen anderen Song mit diesem Titel geschrieben, dessen Text sich stärker am Inhalt des Films orientiert. Und da wie hier ja bei einem Musik-Blog sind: generell passt Musik wie die von Jethro Tull gut zur Stimmung des Filmes, eine ähnliche Atmosphäre verbreiten auch Bands wie beispielsweise die großartigen Blood Ceremony, die auch visuell in ihren Videoclips ("Goodbye Gemini") ein ganz eigene, altertümliche Bildsprache entwickeln.