ORTUS aus Rheinland-Pfalz hatte ich ja bereits mit ihrer Debüt-EP namens "Where shadows gather" besprochen (siehe HIER.) Diese erschien 2018, und in einem Interview las ich, das zumindest ein Teil der Band eine gewisse kritische Distanz zu der EP einnimmt und diese erste Veröffentlichung nun retrospektiv mehr als erste Schritte der musikalischen Selbstfindung sieht. Nun, wie dem auch sei, ich war damals begeistert und finde diese EP auch nach wie vor sehr gut. Nach dieser Veröffentlichung folgte dann 2019 die "Forgotten Memories"-EP, welche erneut sehr überzeugen konnte.
Nun liegt mit "Aus der Tiefe" ein weiteres Werk vor, das man je nach Betrachtungsweise als EP oder Album betrachten kann, die Band selbst sieht es als ihr Debüt-Album an. Es sind zwei Stücke enthalten, die es auf 17 bzw. 16 Minuten Spielzeit bringen. Der Titeltrack beginnt mit unheilvollen Synth-Teppichen und einer wehmütig-leidenden Gitarre, was erste Assoziationen zu so manch norwegischem Black Metal-Frühwerk zulässt, bevor das Stück dann in ein rasend-klirrendes Black Metal-Korsett gepackt wird. Im weiteren Verlauf gibt es auch Midtempo-Passagen, viel Melodie, klagenden Klargesang und sogar eine kurze Passage mit einer Art "Tribal-Drumming" zu vernehmen, was sich jedoch alles schlüssig und auf natürliche Art zu einem fließendem Ganzen entwickelt.
Das zweite Stück "In nächtlicher Stille" bietet ebenfalls eine gute Mischung aus schnelleren und langsamen Passagen, die auch hier von markerschütternden Kreischen sowie sporadischem Klargesang begleitet werden. Insgesamt kann dieser zweite Track aber nicht ganz die Intensität des Vorgängers erreichen, zum Ausklang des Stückes und somit des gesamten Albums gibt es allerdings einen atmosphärischen, repetiv-hypnotischen Piano / Synthesizer-Part zu hören.
Wer also traditionellen, jedoch nicht altbackenen und wirklich mitreißenden Black Metal mit der richtigen Mischung aus Härte, Rohheit und Atmosphäre jenseits der bereits bekannteren Namen entdecken möchte, sollte Ortus auf jeden Fall anhören. Als Referenzen gebe ich einfach die alten skandinavischen Meister, aber auch Bands wie Lunar Aurora, Nagelfar oder Ruins of Beverast an, letztere kommen mir gerade wegen der doch etwas "experimentelleren" Note bzw. der Variabilität, mit der die Band zu Werke geht in den Sinn, so dass die Stücke trotz Überlänge niemals langweilig werden. Mich persönlich wundert es sowieso, dass die Band bisher noch nicht bekannter ist, aber das ist wohl auch nicht das Ziel, was ich grundsätzlich in diesen Zeiten voller Narzissmus und Selbstüberschätzung nur begrüßen kann. Nichtsdestotrotz tut es mir schon ein wenig in der Seele weh, dass auch diese zwei Stücke an vielen Hörern vorbeigehen werden, die diese sehr zu schätzen wüssten. Das gelungene Cover-Artwork lässt vielseitige Interpretationen gerade hinsichtlich des Titels zu. Die CD ist auf 300 Exemplare limitiert, über das eigens neu gegründete Label "Schierling Klangkunst" erschienen und kann über die Ortus-Bandcamp-Seite erworben werden.